„Everything Is Fair“ verbessert sich in der Folge „When We Were Young“ deutlich, vor allem dank Glenn Close und Naomi Watts, die mit ihren soliden Leistungen die Schwächen des Drehbuchs ausgleichen. Vielleicht steckt ja doch noch Potenzial in dieser Serie. Ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten Dinge mit Sarah Paulson besser wären, und das trifft auf „Everything Is Fair“ genauso zu wie auf alles andere. Besonders dann, wenn Paulson in diesem Modus ist und Kim Kardashian mit unglaublich bissigen Beleidigungen überhäuft, die einem Pulverfass gleichkämen. Paulson ist die Einzige im Cast, die zu wissen scheint, in welcher Art von Serie sie mitspielt, was angesichts der Schwierigkeit, die Intentionen der Serie zu ergründen, durchaus verständlich ist.
Aber eines muss man sagen: Die zweite Folge, „When We Were Young“, ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der ersten. Ein paar Kontinuitäten helfen dabei. Glenn Close ist zum Beispiel zurück und arbeitet jetzt für Grant, Ronson & Greene, um Allura bei ihrer immer hässlicher werdenden Scheidung von Chase zu unterstützen. Man sollte meinen, eine führende Scheidungskanzlei würde sich um so etwas kümmern, aber sie vergaßen das Naheliegendste: Carrington anzurufen, um einen Interessenkonflikt zu schaffen, damit sie Chase nicht vertreten konnte. Als Allura endlich so weit war, saß Chase bereits in ihrem Büro. Die Sache wurde ziemlich persönlich. Doch selbst der Fall dieser Woche hat etwas mehr Substanz. Eine Chemikerin erzählt die traurige Geschichte, wie sie von ihrem Geschäftsmann-Ehemann im Rahmen eines langjährigen Betrugs um ihr Geld gebracht wurde und nun für hohe Steuerschulden mehrerer gescheiterter Firmen haften muss. Doch gerade als es so aussieht, als ob die Frauen den Fall ohne zumindest etwas Mühe unmöglich gewinnen können, stürzt sich der Mandant vom Balkon seines Büros in den Tod. Ich finde das wirklich unerwartet, denn die erste Folge hat uns darauf vorbereitet, von Anfang an deutlich weniger Widerstandsfähigkeit zu erwarten, als „When We Were Young“ bietet. Selbst Dinas Rückkehr an den Arbeitsplatz ist von einem Hauch von Trauma geprägt. Sie versucht, nicht an ihren sterbenden Mann zu denken, und in der Szene, in der sie das erklärt, wird sofort deutlich, warum Glenn Close für diese Rolle so gut geeignet ist. Natürlich macht Kim Kardashian das mit einem Witz zunichte, aber seit wann versteht ausgerechnet Ryan Murphy etwas von tonaler Konsistenz? Auch Libertys Liebesleben wird hier erwähnt. Offenbar hat sie einen der wenigen netten Kerle an ihrer Seite, der immer wieder nur „Dr. Reggie“ genannt wird, und es scheint ihn nicht zu stören, dass sie sich fast immer so kleidet, als wäre sie eine Hexe. Allerdings sehen wir ihn eine Weile nicht. Stattdessen wird Libertys scheinbar gelöster Fall aus der ersten Folge in Form einer Auktion fortgesetzt, bei der Sheila die persönlichen Gegenstände verkauft, die Liberty ihr anvertraut hat. Diese Szene dient aber hauptsächlich dazu, Carrington und die anderen zusammenzubringen, damit Sarah Paulson und Glenn Close sich im Badezimmer einen boshaften Wortwechsel liefern können. Genau hier glänzt „Everything’s Fair“, und es ist beruhigend, dass Folge 2 ihre Stärken so deutlich herausgestellt hat, da diese anfangs nicht so offensichtlich waren. Aber nun gut, Reggie. Allem Anschein nach ist er wirklich einer der wenigen Guten. Und er scheint auch ernsthaft an Liberty interessiert zu sein, so sehr, dass er ihr beim Abendessen auf charmante Weise einen Heiratsantrag macht. Sie ist sich nicht so sicher und rennt weg, ohne ihm eine Antwort zu geben, wodurch sie ihre Beziehung gefährdet. Man spürt, dass sich eine wichtige Lektion fürs Leben anbahnt, und zwar in Form von Dinas Kuss mit dem Auktionator hinter dem Rücken ihres Mannes. Anfangs ist es nicht offensichtlich, aber die Art und Weise, wie sie damit umgeht – im letzten Moment einen Rückzieher macht, dann reinen Tisch macht und mit ihrem geliebten Mann redet – liefert Liberty eine Art Vorbild dafür, wie sie ihr eigenes Liebesleben gestalten kann. Zumindest theoretisch. Natürlich ist es für Frauen nicht so einfach, Männern zu vertrauen, wenn ihre Karrieren im Allgemeinen davon abhängen, dass Männer weiterhin schrecklich sind und versuchen, ihre Frauen durch die Institution der Ehe auszunutzen. Genau darum ging es in „Suicide at the Top“: um die bitteren Konsequenzen, die das Verhalten mancher Männer gegenüber Frauen hat, selbst gegenüber denen, die sie angeblich lieben. Genau damit kämpft Liberty, als sie über eine Verlobung mit Reggie nachdenkt. Doch dank Dina beschließt sie schließlich, die Zähne zusammenzubeißen und es zu ertragen.
Alluras Liebesleben hingegen bleibt ein einziges Chaos, besonders jetzt, wo herausgekommen ist, dass Chase mehrere Affären mit deutlich jüngeren Frauen hatte, darunter auch mit Milan. Da wird Rache unausweichlich sein, obwohl ich mir ein Schmunzeln verkneifen musste, als Dina Allura mütterlich riet, „wütend zu werden“. Das war gleichzeitig eine Erinnerung daran, beim Schauspielern auch mal Gefühle zu zeigen. Zugegeben, es gelingt ihr nicht ganz, aber die Geste zählt, und sie gibt sich alle Mühe, als sie Milans Auto mit einem farblich passenden Baseballschläger demoliert.
Milans Begründung für die Affäre (dass sie im Grunde einfach nur Allura sein wollte) ist so absurd, dass man es kaum glauben kann. Das spricht Bände über die Schwierigkeiten der Serie, sich jenseits des Neuheitswerts „Kim Kardashian dabei“ zu etablieren. Es gibt weitaus bessere Serien als die, die wir hier sehen, mit Szenen, die die Schönheit, den Reichtum und den Stil ihres Stars unterstreichen (darauf hat sie sich unserer Meinung nach bereits eine Karriere aufgebaut).
Aber es gibt noch eine überraschende Wendung: Milan ist von Chase schwanger. Vielleicht ergeben sich daraus ja später noch reifere und dramatischere Entwicklungen.
